Kriminalfall im Goethe-Gymnasium
Kleinigkeiten sind entscheidend für die Aufklärung eines Kriminalfalls. Diese Maxime des britischen Meisterdetektivs Sherlock Holmes wurde von der Theater-AG des Ludwigsburger Goethe-Gymnasiums unter der Leitung von Elke Miriam Melber im Oktober mit dem Kriminalstück "Sherlock Holmes und der blaue Rubin" meisterlich in Szene gesetzt. Dabei wurden einige Gemeinsamkeiten deutlich. So muss der Detektiv erstens gründlich vorbereitet sein und eine Menge wissen. Holmes war im Bilde nicht nur über die Verbrechensgeschichte seiner Zeit überhaupt, sondern auch über den geheimnisvollen blauen Rubin der bekannten gleichnamigen Kurzgeschichte von Arthur Conan Doyle – die siebenköpfige Bühnentruppe hat bereits mehrjährige gemeinsame Theatererfahrung gesammelt und studierte das von Marion Bachmann bearbeitete Stück akribisch in einem langfristigen Prozess an der Schule ein, der letzte Schliff kam während zweier Probentage im Herbst auf dem Michaelsberg in Cleebronn hinzu.
Für einen erfolgreichen Detektiv kommt es zweitens auf gründlichste Wahrnehmung der Welt an; Holmes untersucht das jeweilige Corpus Delicti buchstäblich mit der Lupe und ist als passionierter Zeitungsleser umfassend informiert nicht nur über sein Londoner Viertel um die Baker Street, sondern auch letztlich über das ganze Empire und darüber hinaus. Nur so kann er davon Kenntnis haben, dass der mutmaßliche Täter unter falschem Namen auf der Flucht nach Übersee ist. Und so hat auch zweifellos die erfahrene Theaterpädagogin Melber nicht nur das Weltgeschehen gründlich beobachtet, sondern auch ihre jungen Schauspielerinnen und Schauspieler der Klassenstufen neun und zehn, um zu wissen, dass der eher ferne Stoff aus dem viktorianischen England mit dem feinen Humor – für Außenstehende vielleicht überraschend – haargenau zu ihnen passt.
Dann muss kombiniert werden, wie auch Holmes` späterer Kollege Nick Knatterton nie müde wurde zu betonen. In Zeiten knapper Kassen nutzte man in Ludwigsburg die guten und intensiven Kontakte zur regionalen Theaterszene und zur engagierten Elternschaft, um an überzeugende Kulissen, Requisiten und Kostüme zu gelangen, liebevoll ausgewählt und gestaltet. Entscheidend sind aber am Ende die richtigen Schlüsse. Holmes löst den verzwickten Fall mit Köpfchen und ordnet den Edelstein im Bauch einer Gans richtig zu, wobei Dr. Watson den egomanischen Exzentriker sympathisch erdet, sodass die Dinge nicht nur sachlich und rechtlich korrekt sind, sondern auch eine zutiefst menschliche Lösung gefunden wird.
Das Ergebnis der diesjährigen Bühnenproduktion des Goethe-Gymnasiums ist daher auch weit mehr als die Summe von vielen passenden Kleinigkeiten. Wie im Falle von Holmes` Arbeitsweise sorgten eine gewisse Genialität, Können, Fleiß, Mut und auch das nötige Glück dafür, dass am Ende wirklich alles stimmt. Die brillanten Hauptdarsteller Anton Kieschke, 10d, als Sherlock Holmes und Mio Schopf, 9c, als Dr. Watson, repräsentierten ihre Charaktere differenziert und bewältigten die erstaunlich umfangreichen Rollen ohne jeden Hänger mit Bravour. Das gesamte Ensemble vermittelte an drei aufeinanderfolgenden Abenden nahezu unbändige Theaterfreude. So entstand etwas ganz Großes!