„HEYMANN – HEYFRAU“ - Fulminanter Themenabend am Goethe
Gerade noch rechtzeitig zur dritten großen Veranstaltung im Rahmen des Projekts „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ am Donnerstag vor den Herbstferien war das neue Projekt-Schild am Goethe-Gymnasium eingetroffen. Seither ziert es den Eingangsbereich der Schule und macht weithin sichtbar, dass das GGL zu den inzwischen mehr als 4800 Schulen gehört, die Mitglied im Courage-Netzwerk sind.

Das neue Projektschild am Eingang des GGL
Zur Veranstaltung selbst verwandelte sich das Foyer der Schule einmal mehr in eine riesige Kunstausstellung. Mehr als 180 Schülerinnen und Schüler aus insgesamt sechs Klassen hatten sich seit den Sommerferien zusammen mit den Kunstlehrkräften Frau Gönner, Herrn Schwarz, Frau Ott und Frau Wagner intensiv mit den Themen Rassismus, Diskriminierung und Courage beschäftigt und tolle themenbezogene Kunstwerke hergestellt. Das zeigt, wie tief die Projektarbeit und die Mitgliedschaft im Netzwerk inzwischen in der Schulgemeinschaft und der Schulkultur am GGL verwurzelt sind. An einem interaktiven Mitmach-Stand konnten gegen eine kleine Spende sogar eigene „Political Pins“ hergestellt werden, die zum Einsatz gegen Rassismus und Diskriminierung sowie für Toleranz, Respekt und Frieden aufriefen.
In Anwesenheit des Projektpaten, MdB Macit Karaahmetoglu, begann die Veranstaltung mit einem Auftritt der Gesangsklasse 6 unter Leitung von Herrn Dr. Vennefrohne und Frau Kovalev. Die Schülerinnen und Schüler sangen „I never ever touched a rainbow“ von Ruth Altman und performten das Lied dazu in Gebärdensprache. Damit zeigten sie dem begeisterten Publikum, dass auch und gerade die Musik inklusiv wirken kann.
Ihre Fortsetzung fand die Veranstaltung sodann im Musiksaal der Schule, der aus allen Nähten platze. Die beiden Moderatorinnen, Luisa Vennefrohne und Anna Wendte, führten gekonnt durch den Abend, der mit einem Grußwort des Schulleiters Christof Martin seinen Auftakt fand. Im Zentrum stand die Jüdin Jenny Heymann, einst Lehrerin am Goethe-Gymnasium, unter den Nationalsozialisten dann aber aus dem Dienst entlassen und schließlich nach Großbritannien emigriert. Kurz nach Kriegsende kehrte Jenny Heymann wieder nach Deutschland zurück und bescherte dem GGL den bis heute gepflegten, zweitältesten Schüleraustausch Deutschlands mit der North London Collegiate School.
Ausgehend von Jenny Heymann referierte im ersten Teil der Veranstaltung Stadtarchivar Dr. Simon Karzel über jüdisches Leben in Ludwigsburg und gewährte anhand von Originaldokumenten aus dem Archiv wertvolle Einblicke. Anschließend sollte auf der Bühne ein Portrait Jenny Heymanns enthüllt werden, gemalt von der Künstlerin Marlis Glaser, das der Schule unlängst gestiftet wurde und das seinen dauerhaften Platz an prominenter Stelle im Musiksaal der Schule finden wird. Doch zur Steigerung der Spannung sah das Publikum zunächst noch einen von Sophia Bruno produzierten Filmbeitrag, in welchem Fünftklässlerinnen und Fünftklässler ihre Assoziationen zum Portrait zum Ausdruck bringen sollten - sehr zum Schmunzeln und zur Freude des Publikums. Als das Gemälde dann feierlich enthüllt war, konnte man seine ersten Eindrücke während eines Musikstücks sammeln und verarbeiten: Leonard Vennefrohne am Kontrabass und Raphael Christ am Klavier spielten das Stück „Après un rêve“ von Gabriel Fauré und ernteten dafür zu Recht großen Applaus.
Die Künstlerin Marlis Glaser selbst hatte es sich nicht nehmen lassen, an diesem Abend nach Ludwigsburg zu kommen und erzählte hernach anhand weiterer Portraits starker Frauenpersönlichkeiten über ihre Kunst und die Ideen, die dahinter stecken. Besonders beeindruckend war die Tatsache, dass sie seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 jeden Tag ein Bild mit einem Zypressenpaar malte. Bis zur Freilassung der Geiseln kamen weit über 700 solcher Bilder zustande, von denen Marlis Glaser ein farblich zum Portrait Jenny Heymanns passendes Exemplar der Schule schenkte.
Nachdem im ersten Teil der Veranstaltung Jenny Heymann als Jüdin im Mittelpunkt stand, sollte im zweiten Teil Jenny Heymann als Frau in den Fokus rücken. In mehreren Poetry Slams und Redebeiträgen wurde von Schülerinnen und Schülern aus unterschiedlichen Altersklassen das Thema Feminismus ausgeleuchtet: Joy Okafor, Eva Westerfeld, Antonia Angieri, Hiro Iwabuchi und Gurleen Kaur trafen allesamt den Ton und begeisterten das Publikum mit ihren rhetorisch und inhaltlich überzeugenden Beiträgen. Höhepunkt des zweiten Teils war der Auftritt von Arezoo Shoaleh, die sich im Verein „Frauen für Frauen Ludwigsburg e.V.“ seit vielen Jahren für Frauenrechte und gegen Gewalt engagiert und mit dem Frauenhaus eine Einrichtung aufgebaut hat, die sich längst als unverzichtbare Schutzeinrichtung für Frauen und ihre Kinder etabliert hat, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. In einem fiktiven Brief an Jenny Heymann gab Frau Shoaleh spannende Einblicke in ihre tägliche Arbeit und betonte die Wichtigkeit von Einsatz und Engagement für Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt. Der Abend endete schließlich im Saal mit einem gemeinsamen Austausch über das Gehörte und klang aus bei einem Empfang mit Sekt und Fingerfood, den die Kursstufe 2 im Foyer organisiert hatte.
Ein ganz besonderer Dank gebührt den Organisator:innen des Abends, namentlich der SoR-Projektgruppe: Joy Okafor, Luisa Vennefrohne, Larissa Basarac, Anna Wendte, Sophia Bruno, Eva Westerfeld, Hiro Iwabuchi und Leyan Haidar. Darüber hinaus danken wir den Lehrkräften Benjamin Färber für die Gesamtorganisation und Koordination, Theresa Gulden für die Erstellung des Veranstaltungsplakats und Uwe Jansen für die Pflege des Kontakts zum Stadtarchiv und zur Künstlerin sowie für den Impuls und die Idee dieses Abends. Vor allem aber gilt ein großes Dankeschön dem Publikum, das an diesem Abend so zahlreich erschienen und den Abend zu etwas ganz Besonderen gemacht hat. Die Schulgemeinschaft freut sich ungemein über die große Resonanz für solch wichtige Themen wie Antisemitismus und Feminismus!

Marlis Glasers Portraits starker Frauen (in der Mitte Jenny Heymann)

Luisa Vennefrohne und Anna Wendte

Joy Okafor

Eva Westerfeld

Antonia Angieri

Hiro Iwabuchi

Gurleen Kaur

Die Protagonisten des Abends

Die SoR-Projektgruppe
Artikel: Benjamin Färber
Fotos: SoR-Projektgruppe